Das wird ein sehr persönlicher Post und ich möchte das aber gerne mit euch teilen einerseits um anderen Mut zu machen und auf der anderen Seite weil ich das Thema psychische Krankheit entstigmatisieren möchte.
Ich hab mich lange immer wieder Therapien angefangen und nach kurzer Zeit wieder abgebrochen weil ich nicht das Gefühl hatte, dass das ganze auch nur ansatzweise etwas bringt.
Vor ein paar Monaten hab ich dann beschlossen doch wieder in Therapie zu gehen und diesmal obwohl ich das bisher immer vermieden habe auf meine Vergangenheit zu blicken. Es ist immer wieder erstaunlich wie viel wir verdrängen können. Ich hab viele Traumas und ich gehe eigentlich auch mit der Einstellung durchs Leben, dass alles was mich nicht umbringt mich nur härter macht aber wir sind auf eine Sache gestoßen die ich so noch nie als Auslöser für meine Ängste erkannt hatte. Als ich ein Baby war hatte ich bei der Geburt eine Blutvergiftung und wurde dadurch 2 Wochen auf der Intensivstation betreut. Das bedeutet Bonding gab es für mich nicht. Ich konnte nur durch ein Loch in einem kleinen Plastikkasten angegriffen werden. Plötzlich hat es mich wie ein Blitz getroffen: Das ist der Grund für meine grundlosen Ängste endlich hab ich einen Auslöser gefunden und ich kann absolut nichts dafür! Ich war so erleichtert.
Natürlich wollte ich wissen was es damit auf sich hat, dass ich mich manchmal vor ganz banalen Dingen fürchte und absolute Katastrophen Szenarien in meinem Kopf zusammenspinne die so nicht mal in einem Kinofilm ablaufen würden. Also wollte ich meine Diagnose wissen. Ich habe eine Angststörung, in meinem Fall eine generalisierte Angststörung. Das war auf jeden Fall erst Mal ein Schock obwohl es prinzipiell auf der Hand lag. Doch immer wieder hab ich versucht mir einzureden all meine Symptome wären normal.
Mittlerweile kann ich meine Anxiety ganz gut von meinem eigenen starken und selbstbewussten Charakter trennen. Sie schleicht sich immer dann an wenn ich es am wenigsten erwarte aber dadurch, dass ich schon so lange damit lebe geht es mir grundsätzlich gut damit. Ich hab gelernt damit umzugehen und jetzt geh ich in die Kampfstellung über. 26 Jahre war meine Anxiety immer dabei: Vor jeder kleinen Reise hatte ich Todesangst, vor jeder Veranstaltung und auch in meinem Alltag hat sie es immer wieder geschafft mich mitzureissen in ein Karussell, dass sich so schnell dreht, dass ich keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Bei mir geht es immer um Leben oder Tod – Flight oder Fight.
Ich finde es falsch jemanden mit einer Angststörung als schwach zu bezeichnen. Ganz ehrlich ich bin verdammt stark. Was ich alles schon geschaffen habe in meinem Leben, wieviele Tiere ich gerettet habe. Ich finde es ist extrem mutig Angst zu haben und all die Ziele die man im Leben hat trotzdem zu verwirklichen.
Ich sehe meine Diagnose als eine Möglichkeit als Person zu wachsen. Ich weiss, dass das nicht ich bin in diesen Situationen wo ich das Gefühl hab mir reisst jemand den Boden weg und ich weiss, dass ich mehr als Anxiety bin. Meine Diagnose definiert mich nicht als Mensch. Wenn sich etwas ändert dann nur zum positiven weil ich ja schon seit meiner Geburt mit dieser Angst lebe und nun endlich begreife, dass es eigentlich ein Wahnsinn ist wie lange ich mich ohne professionelle Unterstützung durch mein Leben geboxt habe. Ich werde es langsam angehen, mir nicht zu viel auf einmal abverlangen aber ich bin mir sicher es wird sich lohnen.